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Nachhaltiger Tourismus: Klein und fein

25.10.2023Aktuelles
Nachhaltiger Tourismus: Klein und fein

Ufer 75-Geschäftsführer Gerd Thode und Jan Karstens (von links). Foto: Henze

Ylva”, „Halvar“ und „Snorre“ sind neue Sehestedter. Die Tiny Houses gehören zum Projekt „Ufer 75“. Mit einem gigantischen Kran wurden sie kürzlich am Nordufer oberhalb Nord-Ostsee-Kanals aufgestellt. Nun ist auch die letzte Genehmigung vorhanden und die Arbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Dorfarzt-Praxis gehen zügig voran.

Eigentlich sollte alles längst fertig sein und die ersten Gäste in den Mini-Häusern nächtigen. Aber immer wieder gab es die Verzögerungen der unterschiedlichsten Art, berichtet Unternehmer Jan Karstens. „Die letzten Genehmigungen liegen jetzt vor“, seufzt der Geschäftsführer von „Ufer 75“ erleichtert. 

Dr. Böhme und Dr. Rumpf

Mit der Einweihung des Markttreffs vor einigen Jahren hatte es es auch eine neue Straße gegeben: den Dr.-Böhme-Weg. Der Namensgeber hatte in dem Gebäude Hauptstraße 28 viele Jahre praktiziert. Später betreute dort Dr. Wolfgang Rumpf seine Patienten. Als der Ende Juni 2019 in den Ruhestand ging, bereiteten ihm die Sehestedter einen ganz besonderen Abschied (LINK). Das Gebäude sollte verkauft werden. 

Die Idee

Es gab etliche Überlegungen für die zukünftige Nutzung. Schließlich erwarb es die Gemeinde, denn sie wollte verhindern, dass der Ortskern durch einen Großinvestor verbaut wird. Das ist auch das Ziel von „Ufer 75“. (Link)

Ein Koda-house schwebt ein. Fotos: Sabine Sopha

Tiny Houses sind sind für Jan Karstens die erste Wahl, weil sie nicht viel Raum beanspruchen und nachhaltig sind. Die kleinen und vielfach mobilen Häuser sind zurzeit sehr begehrt. Für seine Idee konnte Karstens zwei umtriebige Mitstreiter gewinnen: Den ehemaligen Unternehmer Gerd Thode und den Imbiss-Betreiber Holger Petersen. Thode wohnt in dem Gebäude mit dem blauen Dach oberhalb vom Imbiss und gegenüber dem Baugrundstück, Holger Petersen hat mit seinen „Kojen am Kanal“ bereits Erfahrung im Tourismus. 

„Wir wollen etwas für die Ortsentwicklung tun“, lautet ihr Credo. Nachhaltig und ökologisch seien die Pläne, betont Jan Karstens. Außerdem wird das Grundstück lediglich für 40 Jahre an das Unternehmen „Ufer 75“ verpachtet. Auf diese Weise kann es später eventuelle einmal anders genutzt werden.

Auf der der letzten Gemeindevertretersitzung des Jahres 2022 wurde der Bebauungsplan für das Grundstück Hauptstraße 28 auf den Weg gebracht. „Ziel ist es, die Voraussetzungen für die Realisierung von fünf Ferienhäusern zur Vermietung an Feriengaste im südlichen Bereich des Grundstücks zu schaffen“, heißt es in dem Beschluss. „Die Ferienhäuser sollen als „Tiny Houses“ in nachhaltiger Bauweise errichtet werden.“

Ein Tiny House schwebt ein.

Detaillierter Plan

Die Erschließung der Ferienhausanlage erfolgt über den Dr. Böhme-Weg und über die Hauptstraße. Im Geltungsbereich sind dreizehn Pkw-Stellplätze vorgesehen. Acht Stellplätze werden dem Ferienhausgebiet zugeordnet: fünf Stellplätze für die Nutzer der Ferienhäuser, sowie zwei Stellplätze für das Servicepersonal und ein Behindertenstellplatz. Für ein Wohnhaus, das im nördlichen Grundstücksbereich als Ersatzbau für das bestehende Wohngebäude nach § 34 BauGB entstehen soll, sind fünf Pkw-Stellplätze herzustellen. Es soll eine gemeinsame Stellplatzanlage entstehen, heißt es im B-Plan.

Die Arbeiten

Das Gelände am Dr.-Böhme-Weg hat sich in den vergangenen Monaten stark verändert. So wurde das Haus, in dem früher der Allgemeinmediziner Dr. Rumpf praktizierte, abgerissen. Rohre und andere Baumaterialien zeugen davon, dass dort gearbeitet wird. Am Ende soll die Anlage mit Ferienhäusern, Sauna, Fahrradstell- und Parkplätzen für Urlauber eine neue Attraktion in der Kanalgemeinde sein.

Klein und fein.

Schon jetzt ziehen die kantigen Mini-Häuser Seh-Leute an, die neugierig durch die Scheiben schauen. 

Bürgermeister Torsten Jürgens-Wichmann öffnete ein Modell bereits für Sehestedter zur Besichtigung. Durch die große Glastür betritt man den Wohnraum mit Sitzecke und Esstresen. Von dort geht es in eine Mini-Küche und ein Mini-Bad. Jeder Winkel wurde von den Entwicklern des Unternehmens Koda geschickt ausgenutzt. Eine Treppe führt auf eine Empore, auf der geschlafen wird.  Für zwei Personen bieten „Halver“, „Snorre“ und „Ylva“ damit angenehm Platz. Der Clou: „Vom Bett aus kann man auf den Nord-Ostsee-Kanal blicken“, so der Bürgermeister.

Die Tiny Houses

Die Häuser stammen vom estnischen Unternehmen Kodasema. „Die Esten sind führend im Holzmodulbau“, weiß Karstens. Er und Gerd Thode reisten in die estnische Hauptstadt Tallinn und schauten sich die Häuser genau an. „Sie sind komplett aus Holz, wintertauglich und sollen mit Strom beheizt werden.“ Der wird in einem Versorgungsgebäude mit Photovoltaik erzeugt werden. „Wir werden Schraubfundamente verwenden, keinen Beton“, erläutert Karstens weiter. „So können wir die Häuser rückstandsfrei zurückbauen.“ Gründächer und Bepflanzung mit heimischen Arten sind geplant, und durch die Ritzen der Holzterrassen kann das Regenwasser im Boden versickern.  „Die ursprüngliche Idee war es, die Energieverschwendung zu stoppen und den Energieverbrauch auch in der Bauindustrie zu senken. Kleine Wohnflächen bedeuten oft automatisch einen reduzierten Energiebedarf und einen geringeren Platzbedarf“, so der Kodasema-Gründer.

Millimeterarbeit.

Blick auf den NOK

Der Entwurf sieht drei unterschiedliche Haustypen vor: Koda-micro, Koda-loft und Koda-exclusiv. Sie haben eine Gebäudehöhe von fünf Metern „und sind damit deutlich niedriger als die Umgebungsbebauung“ heißt es im Beschluss der Gemeinde. Die Deckenhöhe beträgt 3,50 Meter und vermittelt ein großzügiges Raumgefühl, wissen Thode und Karstens, die in einem der Häuser übernachtet haben. Gedacht sind sie für zwei Personen, eventuell mit Kind. Als Zielgruppe haben die Unternehmer von „Ufer 75“ vor allem Radfahrer im Blick. Daher wird es auch eine E-Bike-Ladestation geben. 

Himmlische Anlieferung

Die Tiny Houses gelangten auf dem Seeweg sie nach Kiel, von dort per Tieflader nach Sehestedt. Um sie aufzustellen, war ein Kran nötig. Und so schwebten „Halver“, „Snorre“ und „Ylva“ vor einiger Zeit durch den Sehestedter Himmel. Eine kleine logistische Meisterleistung, sehr genau verfolgt von Jan Karstens und dem Sehestedter Investor Gerd Thode, die auch beide selbst Hand anlegten, um die Tiny Houses richtig zu platzieren. Denn es war Millimeterarbeit. „Das ist schon ein beeindruckender Anblick“, schwärmte Jan Karstens. 

Vermietung ab Frühjahr 2024

Bis die ersten Gäste in „Ylva”, „Halvar“ und „Snorre“ nächtigen können, muss auf dem Gelände noch einiges getan werden. „Wir hoffen, dass wir zum Jahresende fertig sind“, hatte Jan Karstens im Frühsommer erklärt. „Durch die Verzögerungen fehlt uns ein ganzes Jahr.“ Ab 2024  solle nun aber endlich die Vermietung anlaufen. Auf der Webseite des Unternehmens kann man sich jetzt schon einen Überblick verschaffen. Bei allen Verzögerungen ist der Bauherr optimistisch geblieben. „Wir sind jetzt ziemlich zuversichtlich“, sagt er zum weiteren Zeitplan. Bereits jetzt können Reservierungen über die Telefonnummer 0172 1589396 (auch whatsapp) bei Holger Petersen vorgenommen werden. Sabine Sopha